Geld

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Geld ist ein Begriff für ein Wertäquivalent. Dieser Ausdruck kann in Form von sinnlich wahrnehmbaren oder auch in Form von ideellen Gegenständen stattfinden.

Geld als sinnlich wahrnehmbare Gegenstände sind beispielsweise Geldmünzen, Gutschriften oder Wertpapiere wie etwa Banknoten, Schecks oder Wechsel. Geld liegt als ideeller Gegenstand zum Beispiel in Form eines Bankguthabens oder einer Kreditzusage vor. Im praktischen Gebrauch ist Geld ein Zwischentauschmittel, das sich von anderen Tauschmitteln dadurch unterscheidet, dass es nicht unmittelbar den Bedarf eines Tauschpartners befriedigt, sondern auf Grund allgemeiner Anerkennung zu weiterem Tausch eingesetzt werden kann.

Tauschringe und Geld

In der Tauschringszene wird sehr viel über Geld diskutiert. Dabei überlagern sich meist mehrere Themen:

  • Kapitalismuskritik, insbesondere an den Zinsen,
  • Unzufriedenheit mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel Euro, insbesondere seiner Knappheit,
  • Wunsch nach Umverteilung, insbesondere in Form von Schwundgeld oder eines bedingungslosen Grundeinkommens,
  • Wunsch nach engerer wirschaftlichen Verbundenheit vor Ort, von der unmittelbaren Nachbarschaft bis zur weiteren Region,
  • Sehnsucht nach einer persönlicheren und verbindlicheren Form des Wirtschaftens.

Aufhänger für alle diese Diskussionen ist der Begriff "Geld" und die Suche nach einer Alternative oder Ergänzung ("Komplementärwährung") zur gesetzlichen Währung Euro, wie Lokalwährungen (engl. local currency), Grünes Geld (engl. green money, green dollar) uvm.

Trotz (oder wegen?) der Faszination für das Thema Geld betonen viele Tauschringe, dass sie "ohne Geld" tauschen.

Geld im rechtlichen Sinne

Pieper 2002 schreibt:

"Sicherlich übernehmen die Verrechnungseinheiten, wirtschaftlich betrachtet, Geldfunktionen. Sie dienen dazu, Wertmaßstab zu sein. Ihnen kommt eine Tilgungsfunktion zu. Sie dienen auch der Wertaufbewahrung. Geld im juristischen Sinne stellen sie indes nicht dar."[1]

Unterscheidung nach Geldfunktion

Als Geldfunktion bezeichnet man in der Volkswirtschaftslehre die verschiedenen Formen von Nutzen, die Geld stiften kann:

  • Geld hat Zahlungsmittelfunktion. Unter einem Tausch- oder Zahlungsmittel versteht man ein Objekt oder auch ein erwerbbares Recht, das ein Käufer einem Verkäufer übergibt, um Waren oder Dienstleistungen zu erwerben. Geld vereinfacht den Tausch von Gütern und die Aufnahme und Tilgung von Schulden.
  • Geld ist ein Wertaufbewahrungsmittel. Um diesen Zweck erfüllen zu können, muss es seinen Wert dauerhaft behalten können.
  • Geld ist Wertmaßstab und Recheneinheit.

Welche Geldfunktionen erfüllen die unterschiedlichen alternativwirtschaflichen Modelle?

Tauschen "ohne Geld"

In einem Tauschring nimmt und gibt jedes Mitglied Leistungen, etwa im Rahmen der Nachbarschaftshilfe. Geben und Nehmen sollen bei allen Mitgliedern mittelfristig ausgeglichen sein. Im Vordergrund stehen keine abstrakten Geldkonzepte, sondern der konkrete Wirtschaftskreislauf zwischen den Mitgliedern. Vertrauensgrundlage ist die moralische Verpflichtung durch ein Leistungsversprechen zwischen den Mitgliedern.

Die Tauschgeschäfte werden mit Verrechnungseinheiten berechnet und bewertet. Sind diese nun "Geld"?

Nein, sie sind kein Zahlungsmittel. Man "bezahlt" nicht mit den Verrechnungseinheiten, sondern man "verrechnet" mit ihnen Tauschgeschäfte zwischen den Mitgliedern des Tauschrings. Insofern "kauft" man tatsächlich keine Waren und Dienstleistungen "für Geld", sondern tauscht Waren und Dienstleistungen "ohne Geld" im Sinne eines Zahlungsmittels.

Ja, sie sind sehr wohl ein Rechenmittel, etwa zur Ermittlung der Kontostände, und ein Wertmaßstab, um verschiedenartige Waren und Dienstleistungen miteinander vergleichen zu können. Insofern sind sie doch Geld.

Diese Unterscheidug macht auch Michael Linton beim ursprünglichen LET-System. Er bezeichnet es als Lokalwährung, betont aber, dass LETS-Geld ausschließlich Maßstabsfunktion habe und eben keinen eigenen Wert (commodity value). "Wir können mit Metern Höhen messen, wir können mit Kilo Äpfel abwägen. Aber haben Meter eine Höhe, haben Kilo selbst ein Gewicht? Die Äpfel haben ein Gewicht, nicht die Kilo." "Gewöhnliches Geld, auf der anderen Seite, vermischt Bewertungen. Weil gewöhnliches Geld knapp ist, … hat es auch einen Warenwert. Es wird praktisch als reell erachtet und so behandelt.[2]

Geldexeprimente

Im Gegensatz zu Tauschringen, die "ohne Geld" als Zahlungsmittel tauschen, wollen Geldexperimente ein "anderes Geld" schaffen, das ausdrücklich als Tausch- und Zahlungsmittel dient. Sie basieren auf unterschiedlichen theoretischen Modellen zu Geldschöpfung, -deckung und -umverteilung.

  • Regiotauschnetz e.V.: "Die Verrechnungseinheiten stellen ein Tauschmittel dar, das von der Tauschgemeinschaft dem Einzelnen … zum Zwecke des Eintauschens einer Gegenleistung überlassen wird."[3]
  • Tauschring Westerwald: "Wir … betreiben unseren Waren- und Leistungsaustausch mit einer eigenen, virtuellen Währung, den Talenten. Und damit auch Jede/r mitmachen kann, egal ob er selbst was einbringen kann oder nicht, haben wir das "bedingungslose Grundeinkommen" gleich mit realisiert."[4]
  • Wirtschaftsgemeinschaft Goldring: "Der Goldring ist eine Wirtschaftsgemeinschaft, in der … Wirtschaftsleistungen … erbracht und in Anspruch genommen werden können. Es ist aber keine Bedingung, daß jedes Mitglied Leistungen erbringt." "Das Wirtschaftssystem ist auf ein physisches Umlaufmittel (Zahlungsmittel) angewiesen. Diese Funktion hat im Goldring Barrengold."[5]
  • Minuto-Zeitgutscheine: "Jeder Mensch kann eigene Minutos herstellen, die ähnlich wie Bargeld verwendet werden können."[6]

Geld im übertragenen Sinne

Einige Kunst- oder Esoterikprojekte verwenden den Begriff "Geld" nur in einem übertragenen Sinn. Sie erfüllen keine der üblichen Geldfunktionen. Aus wirtschaftlicher Sicht fallen sie am ehesten in den Bereich der Schenkökonomie. Das Geld ist nicht durch Wirtschaftsleistung gedeckt, die Geldschöpfung wird kaum begrenzt.

  • Rheingold: "Die Künstler möchten Schönheit in unsere Welt bringen. Deswegen haben sie das Rheingold geschaffen, damit sich Rheingold in allen Brieftaschen befindet und den Rheingolder erfreut."[7]
  • Time Notes: "Gustavo Romano hat Geldscheine entwickelt, deren Währung Zeiteinheiten sind." Er eröffnete "ein Fundbüro für verlorene Zeit, in dem man seine persönliche verlorene Lebenszeit in Zeitscheine eintauschen konnte."[8]
  • Time is Money: "Each coin and bill in the series represent a universally understood segment of time and serve as a reminder that time really is the most valuable commodity."[9]
  • Bank des Universums: "Auf dieser Bank kann kein Geld eingezahlt werden. Auf dieser Bank kann nur Geld bestellt werden. … Das Grundkapital dieser Bank besteht aus der unerschöpflichen Fülle des Universums."[10]
  • Joytopia: "Lebensgeld (Dank) wird geschöpft durch das Leben eines jeden Menschen. Das ist unser höchstes Gut … Also ist Lebensgeld mit dem Wertvollsten gedeckt, was wir haben.[11]

Daneben gibt es jüngere Entwicklungen, Dank und Anerkennung in Punktesystemen auszudrücken, die eine gewisse äußere Ähnlichkeit mit Geldsystem haben. Sie bewerten aber nicht den Wert der Leistung, sondern sind Ausdruck der Wertschätzung für den Leistenden.

  • Gradido: "Mit gradido soll es ganz einfach werden, jedem Menschen seine Dankbarkeit mitzuteilen."[12]

Komplementärwahrung

Die Grenzen sind fließend. Tauschringe, Geldexperimente und schenkökonomische Experimente sind ähnlich organisiert und bedienen sich ähnlicher Begriffe.

Insofern ist der Begriff "Komplementärwährung" schwierig einzuordnen, weil sich fast alle hier dargestellten Modelle darauf beziehen können. Es ist umstritten, ab welchem Punkt man tatsächlich von einer Währung sprechen kann.

Mit seiner Funktionsvielfalt und - im Vergleich zu anderen Alternativgeldprojekten - großen praktischen Verbreitung dürfte Regiogeld naoch am ehesten eine Komplementärwährung im Wortsinne sein. Also eine Währung, die die gesetztliche Währung sinnvoll ergänzt. Da Regiogeld einen gewollten Wertverlust hat, dient es nur sehr eingeschränkt zur Wertaufbewahrung.

Diskussion

Die hier dargestellte Kategorisierung nach Geldfunktionen ist nicht allgemein akzeptiert. In der Tauschringszene wird der Begriff "Geld" oft sehr eigenwillig definiert, was einen Vergleich mit den wissenschaftlichen Definitionen der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre erschwert.

Es gibt Organisationen, die sich selbst als Tauschring bezeichnen, hier aber den Geldexperimenten oder gar der Schenkökonomie zugerechnet werden. Auch innerhalb einzelner Tauschringe scheint es immer wieder Diskussionen darüber zu geben, ob Verrechnungseinheiten nicht doch ein wertbehaftetes Tauschmittel sind.

Auf der anderen Seite scheinen die Zeitbanken trotz ihrer an Geldwirtschaft und Kapitalismus erinnernde Selbstzeichnung als "Bank" inhaltlich den Zeittauschringen zu entsprechen. Andererseits scheinen sie Sparen für die Altersvorsorge zu fördern und damit als eine der ganz wenigen Geldalternativen die Wertaufbewahrungsfunktion von Geld zu unterstützen.

Auf die Frage "Was ist Geld?" gibt es also in der Tauschringszene keine einheitliche Antwort. Sie ist vielmehr Anlass und Inhalt vieler Grundsatzdiskussionen.

Einzelnachweise

  1. Pieper 2002, S. 142
  2. "We can use inches to measure height and kilos to measure apples. But do inches have height? Or do the kilos themselves have weight? It's the apples that have the weight., not the kilos" "Conventional money, on the other hand, confuses valuations. Because conventional money is scarce, … it also has a commodity value. Effectively, it is considered and treated as real."LETS Design Manual
  3. Tauschregeln im Regiotauschnetz e.V.
  4. http://www.tauschring-ww.de/
  5. http://www.patentrezept.de/beschreibung.html
  6. http://minutocash.org/MinutoFaltFlyer.pdf
  7. http://www.rheingoldregio.de/index.php?menu=21&id=48
  8. http://www.art-goes-heiligendamm.net/impressions
  9. http://www.yankodesign.com/2012/06/08/time-is-money/
  10. http://www.bank-des-universums.com/
  11. http://www.joytopia.net/faq_natuerliche_oekonomie.html
  12. http://gradido.de/Information/c/1/ueber_gradido

Literatur

  • Samirah Kenawi: Falschgeld - Die Herrschaft des Nichts über die Wirklichkeit" EWK-Verlag, 2009. ISBN 978-3-938175-49-1 (Volltext Online)

Siehe auch

Weblinks