Recht
Aus Tauschwiki
Recht und Gesetz gelten auch für Tauschringe und ihre Mitglieder. Tauschringe sind kein rechtsfreier Raum.
Verbindliche Aussagen zur juristischen Bewertung von Tauschringen gehen weit über die Möglichkeiten des Tauschwiki hinaus. Deswegen kann hier nur ein erster Überblick über einige Stichworte gegeben werden, um den Einstieg in das Thema zu erleichtern. Im Folgenden wird ausschließlich die Rechtslage in Deutschland behandelt.
Beim Bundesarbeitstreffen der Tauschringe (BATT) 2012 hat sich eine BATT-Aktiv Gruppe Recht gegründet, um das Thema "Recht" gemeinschaftlich zu bearbeiten.
Bewertungen der Rechtslage in der Literatur
Die deutsche Bundesregierung hat bereits im Rahmen einer kleinen Anfrage im Bundestag 1997 zur Rechtslage bei Tauschringen Stellung genommen.
Niklas Pieper hat in seiner 2002 veröffentlichten Dissertation (Pieper 2002) die "rechtliche Struktur bargeldloser Verrechnungssysteme unter besonderer Berücksichtigung von Barter-Clubs und LET-Systemen" ausführlichst untersucht. Daniela Meier geht in ihrer 2001 erschienen Dissertation (Meier 2001) ebenfalls ausführlich auf Rechtsfragen ein.
Häufig zitiert wird auch ein 1997 in der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) erschienener Artikel mit dem Titel "Tauschringe - ein juristisches Niemandsland?" (Brandenstein Corino Petri 1997).
Ausführliche Empfehlungen zu rechtlichen Fragen finden sich auch in den verschiedenen Tauschringhandbüchern.
Häufige Fragen (FAQ)
- Nachbarschaftshilfe?
- Die deutsche Bundesregierung schrieb bereits 1997: "Außerdem sind die Mitglieder von Tauschringen in der Regel keine Nachbarn im Rechtssinne, denn sie stehen weder in enger räumlicher Beziehung (Nachbarn im Wortsinne) oder verwandtschaftlicher Beziehung (Nachbarn im weiteren Sinne)."[1]
- Steuern?
- Es gibt keine grundsätzliche Steuerbefreiung für einen Tauschring an sich oder für seine Mitglieder. Verbindliche Auskünfte zu Steuerfragen kann nur das zuständige Finanzamt erteilen.
- Gemeinnützigkeit?
- Das Bundesfinanzministerium schreibt 2008: "Nachbarschaftshilfevereine, Tauschringe und ähnliche Körperschaften, deren Mitglieder kleinere Dienstleistungen verschiedenster Art gegenüber anderen Vereinsmitgliedern erbringen (z.B. kleinere Reparaturen, Hausputz, Kochen, Kinderbetreuung, Nachhilfeunterricht, häusliche Pflege) sind grundsätzlich nicht gemeinnützig, weil regelmäßig durch die gegenseitige Unterstützung in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder gefördert werden und damit gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1) verstoßen wird."[2]
- Rechtssicherheit für Tauschringe?
- Niklas Pieper schrieb 2002 in seiner Dissertation: "Die Betrachtung der praxisrelevanten juristischen Einzelprobleme hat aufgezeigt, daß die bargeldlosen Verrechnungssysteme mit der deutschen Rechtsordnung im Einklang stehen. Sowohl währungsrechtlich als auch bankenrechtlich eröffnen sich den Systemen keine Schwierigkeiten. Weder die Systeme selbst, noch die Teilnahme an ihnen widerspricht dem Rechtssystem."[3]
Stichworte und Gesetze
Die Tätigkeit von Tauschringen berührt eine Vielzahl von Rechtsbereichen. Diese Liste soll einen ersten Überblick über einige juristische Stichworte und Gesetze geben, die bei der rechtlichen Bewertung von Tauschsystemen zu berücksichtigen sind:
- Organisationsrecht, Rechtsform[4][5]
- Körperschaftliche Organisation: Körperschaftssteuergesetz (KStG)[6]
- Eingetragener Verein (e.V.), nicht rechtsfähiger Verein (nrV)[7]
- BGB-Gesellschaft[8]
- Eingetragene Genossenschaft[9][10]
- Einkommensteuerpflicht, Einnahme, geldwertes Gut, Gewinneinkünfte, Einkunftsarten, Liebhaberei: Einkommenssteuergesetz (EStG)[13]
- Gewerbesteuer: Gewerbesteuergesetz (GewStG)[14]
- Gemeinnützigkeit: §§ 51, 60, 63 Abgabenordnung (AO)[15]
- Körperschaftssteuer: Körperschaftssteuergesetz (KStG)[16]
- Umsatzsteuerpflicht, unternehmerische Tätigkeit, gewerbliche Tätigkeit, berufliche Tätigkeit: Umsatzsteuergesetz (UStG)[17]
- Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe, Nebenbeschäftigung, Freibetrag, Verfügbarkeit für Arbeitsvermittlung: Arbeitsförderungsgesetz (AFG)[20], seit 1998: Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)[21]
- Einkommensabhängige Rentenleistungen, Ausgleichsrente, Berufsschadenausgleich, Bedürftigkeit: Bundesversorgungsgesetz (BVG)[22]
- Anrechenbare Einkommen: Bundessozialhilfegesetz (BSHG)[23], seit 2005: Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII)[24]
- Einkommensabhängige Leistungen der Kriegsopferfürsorge: Verordnung zur Kriegsopferfürsorge (KFürsV)[25]
- BAFöG
- Pflicht zur Anmeldung bei Sozialversicherungen: gesetzliche Unfallversicherung, Rentenversicherung, Krankenversicherung
- Mindestlohngesetz (MiLoG)[26]
- Ausländerrecht
- Ausländergesetzt, seit 2005: Aufenthaltsgesetz[27]
- Asylrecht, Verbot der Erwerbstätigkeit: Asylverfahrensgesetz (AsylVfG)[28]
- Mitteilungspflicht, Meldepflicht, "erheblicher Umfang", Gefälligkeit, Nachbarschaftshilfe: Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (SchwarzArbG)[30]
- Geringfügige Beschäftigung (Minijob): Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)[31]
- Selbständige Tätigkeiten
- Berufs- und Gewerberecht[32][33]
- Anmeldepflicht, Gewinnstreben, Bagatellsache: Gewerbeordnung (GewO)[34]
- Eintragungspflicht in Handwerksrolle, Bagatellsache, Minderhandwerk, unwesentliche Verrichtungen: Handwerksordnung (HandwO)[35]
- Rechtsberatung: Rechtsberatungsgesetz (RBerG)[39], Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO)[40]
- Steuerberatung: Steuerberatungsgesetz (StBerG)[41], Berufsordnung der Bundessteuerberaterkammer (BOStB)[42]
- Ausübung der Heilkunde ohne Erlaubnis: Heilpraktikergesetz (HeilprPG)[43]
- Währungsrecht[44]
- Währungsgesetz (WährG)
- "Nebengeld", Ausgabe von Banknoten und Geldzeichen, Gutscheine, Schutz des Zahlungsverkehrs: §§ 35, 14 Gesetz über die Deutsche Bundesbank (BBankG)[45]
- Strafbarkeit von Geldfälschung: § 146 Strafgesetzbuch (StGB), § 128 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG)
- Kreditinstitut, Erlaubnispflicht, Bankgeschäft, Einlagengeschäft, Girogeschäft, Netzgeldgeschäft: Gesetz über das Kreditwesen (KWG)[48]
- Wettbewerbsrecht[49]
- Sittenwidrigkeit, Kundenfang, Behinderung, Rechtsbruch, irreführende Werbung: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)[50]
- Personenbezogene Daten, Einwiligung, Beauftragter für Datenschutz: Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)[51]
- Zwangsvollstreckungsrecht[52]
- Forderung, Gegenleistungsrecht, Vermögenswert, Pfändung, …: Zivilprozessordnung (ZPO)[53]
- Insolvenzrecht[54]
- "Auf den Tausch finden die Vorschriften über den Kauf entsprechende Anwendung." (BGB §480)
- Vertrag[58]
- Stillschweigende Vereinbarungen, Leistungspflicht
- Leistungsstörungen, Mängelgewährleistung
- Haftpflicht, Haftungsausschlüsse, Versicherungen[59]
Weitere Themen:
- Lohnt es sich, den Tauschringnamen markenrechtlich zu schützen?
- Sind alle Tauschanzeigen rechtskonform formuliert? Standesrecht, Markenrecht, Persönlichkeitsrechte, Apothekenpflicht, Lebensmittelrecht(?), Urheberrecht, uvm. Wer prüft Inhalte, wer haftet bei Verstößen?
- Webseiten: Telemediengesetz, Gästebuchhaftung, ...,
- Presserecht
- Verbraucherschutz, EU
- Deklarierungspflicht, Rückgaberecht
- uvm.
Siehe auch
Literatur
- Kleine Anfrage im Bundestag 1997 (Volltext hier im Tauschwiki)
- Pieper 2002 (Inhaltsbeschreibung hier im Tauschwiki)
- Meier 2001 (Inhaltsbeschreibung hier im Tauschwiki)
- LETS-Handbuch PaySys (Inhaltsbeschreibung und Downloadlink hier im Tauschwiki)
- Handbuch der Tauschsysteme (Inhaltsbeschreibung und Downloadlink hier im Tauschwiki)
- Brandenstein Corino Petri 1997 (Inhaltsbeschriebung und Downloadlink hier im Tauschwiki)
- Lehmann 2000 (Inhaltsbeschriebung und Downloadlink hier im Tauschwiki)
Weblinks
Spezialseiten zu Rechtsfragen bei Tauschringen:
- Seite "Rechtsfragen" des Talente-Ring Rhein-Westerwald
- Seite "Recht" im Tauschring-Archiv
- Ordner "Rechtliches im Tauschring" des NIMM & GIB Memmingen
- Arbeitspapiere rund um Recht und Steuern (2007) von der AG Tauschringe im Dialog
Einzelbelege
- ↑ siehe Kleine Anfrage im Bundestag 1997 #Gefälligkeiten und Nachbarschaftshilfe
- ↑ Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO), 17. Juli 2008, S. 25 (Download)
- ↑ Pieper 2002, S. 246
- ↑ Pieper 2002, S. 220
- ↑ Brandenstein Corino Petri 1997, S. 826
- ↑ Wikipedia-Artikel "Körperschaftssteuergesetz"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Verein"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Gesellschaft_bürgerlichen_Rechts_(Deutschland)"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Genossenschaft"
- ↑ Kuhn 2002, S. 25f.
- ↑ Pieper 2002, S. 215-225
- ↑ Brandenstein Corino Petri 1997, S. 828-830
- ↑ Wikipedia-Artikel "Einkommensteuergesetz"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Gewerbesteuer (Deutschland)"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Abgabenordnung"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Körperschaftssteuergesetz"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Umsatzsteuergesetz (Deutschland)"
- ↑ Pieper 2002, S. 225-246
- ↑ Brandenstein Corino Petri 1997, S. 827
- ↑ Wikipedia-Artikel "Arbeitsförderungsgesetz"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Drittes Buch Sozialgesetzbuch"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Bundesversorgungsgesetz"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Bundessozialhilfegesetz"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch"
- ↑ http://www.gesetze-im-internet.de/kf_rsv/
- ↑ https://www.gesetze-im-internet.de/milog/index.html
- ↑ Wikipedia-Artikel "Aufenthaltsgesetz"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Asylverfahrensgesetz"
- ↑ Pieper 2002, S. 198-201
- ↑ http://www.gesetze-im-internet.de/schwarzarbg_2004/
- ↑ Wikipedia-Artikel "Viertes Buch Sozialgesetzbuch"
- ↑ Pieper 2002, S. 190-198
- ↑ Brandenstein Corino Petri 1997, S. 826
- ↑ Wikipedia-Artikel "Gewerbeordnung (Deutschland)"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Handwerksordnung"
- ↑ Pieper 2002, S. 190-198
- ↑ Brandenstein Corino Petri 1997, S. 827
- ↑ Wikipedia-Artikel "Freier Beruf (Deutschland)"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Rechtsberatungsgesetz"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Steuerberatungsgesetz"
- ↑ http://www.bstbk.de/de/steuerberater/berufsrecht/
- ↑ Wikipedia-Artikel "Heilpraktikergesetz"
- ↑ Pieper 2002, S. 179-182
- ↑ Wikipedia-Artikel "Bundesbankgesetz"
- ↑ Pieper 2002, S. 182-190
- ↑ Schneider 1995, S. 116-134 "Barter-Clubs als Zahlungsverkehrsysteme"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Kreditwesengesetz"
- ↑ Pieper 2002, S. 201-209
- ↑ Wikipedia-Artikel "Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb"
- ↑ Wikipedia-Artikel "Bundesdatenschutzgesetz"
- ↑ Pieper 2002, S. 210-213
- ↑ Wikipedia-Artikel "Zivilprozessordnung (Deutschland)"
- ↑ Pieper 2002, S. 213-215
- ↑ Wikipedia-Artikel "Insolvenzordnung (Deutschland)"
- ↑ Pieper 2002, S. 209-210
- ↑ Brandenstein Corino Petri 1997, S. 830f.
- ↑ Wikipedia-Artikel "Schuldrecht (Deutschland)"
- ↑ ausführlich im LETS-Handbuch PaySys